Wir saßen bei Eric und Michael während eines lauen Sommerabends Ende Oktober in Grasse auf der Terrasse als Eric uns von der Camargue vorschwärmte. Er erzählte von rosa Flamingos, violettem Wasser, weißen Wildpferden und schwarzen Stieren. Vor meinem geistigen Auge malte ich mir die Farbpalette, die der Natur hier ihren Anstrich gibt, aus und wusste sofort „da müssen wir hin“. Kaum zu Hause buchte ich für das kommende Frühjahr zwei Flüge nach Marseille und eine Unterkunft. Wer nun glaubt, dass damit die Urlaubsvorbereitungen abgeschlossen waren, der irrt.
Die Geburtsstunde unserer Motorradreise durch den französischen Languedoc:
Languedoc-Roussillion stand in dicken Buchstaben auf dem Reiseführer und darin enthalten sollte auch ein Kapitel über die Camargue sein. War es auch: Ganze 18 Seiten von 564 Seiten behandelten die Camargue. Aber längst nicht die ganze Camargue, sondern lediglich den Teil, der zur Region Languedoc gehört. Für den provenzalischen Teil muss man nämlich den Reiseführer der Provence des Verlages erwerben. Ein wenig enttäuscht beschloss ich ebenfalls die restlichen 546 Seiten zu lesen. Irgendwann lag dann die zum Reiseführer dazugehörige Karte ausgebreitet auf dem Boden und ich fing an wie wild darin Wegpunkte zu setzen, Sehenswürdigkeiten zu markieren und einzelne Punkte mit Linien zu verbinden. Das war die Geburtsstunde unserer Reise 2019 durch den Languedoc.
20.09.2019 Beginn unserer Motorradreise Frankreich
Am 20.09.2019 brachen wir morgens Richtung Lyon auf. Bis hierhin wollten wir die Motorräder mit unserem Anhänger bringen und ab dort auf zwei Reifen zu unserer Rundreise aufbrechen.
Ungefähr 120 Kilometer vor Lyon passierte es dann. Ein Reifen unseres Hängers war geplatzt. Da standen wir dann an der Notrufsäule mit unseren drei Brocken Französisch ohne die Möglichkeit Hände und Füße zu Hilfe nehmen zu können. Aber man sollte es nicht glauben, 20 Minuten später kam ein stämmiger Franzose samt Abschleppwagen und ehe wir uns versahen, war der Hänger samt Motorrädern auf dem Abschleppwagen. Der Hänger wurde angekoppelt und los ging´s: Runter von der Autobahn über einen Feldweg, so dass der Anhänger samt Motorrädern nur so vor uns herschaukelte. Ich war mir wirklich nicht sicher, ob die Motorräder in dem Hänger noch stehen würden. Zum Glück nahmen wir es aber genauer mit dem Verzurren der Motorräder im Hänger als der Franzose mit dem Befestigen des Hängers auf dem Abschleppwagen und so ging alles gut. Deutsche Gründlichkeit eben.
Nachdem schnell klar war, dass am Freitagabend kein Ersatzrad mehr zu kriegen war und bis dieses bestellt und geliefert sein würde, es ebenfalls dauern würde, erklärten wir dem Franzosen, dass wir ihm nun unser Auto samt Hänger dalassen würden und er eine Woche Zeit hätte, sich darum zu kümmern. So begann unser Motorradurlaub irgendwo im Nirgendwo 120 Kilometer vor Lyon.
Lyon erreichten wir noch am späten Abend. An diesem Tag lernten wir zwei Dinge: 1. Habe immer ein Ersatzrad für deinen Hänger dabei und 2. frag vorher im Hotel, was ein Jack Daniels kostet.
Naturpark Pilat (Parc naturel régional du Pilat )
Am nächsten Morgen ging es planmäßig in den ersten Naturpark. Den Naturpark Pilat. Es ist ein recht unbekannter und sehr ruhiger Naturpark. Kaum ein Auto kam uns entgegen und es schien als hätten wir die ganze Idylle für uns alleine. Gleich auf den ersten 77 Kilometern erklommen wir 7 Pässen. Natürlich nicht so spektakulär wie die Pässe der Alpen, aber wunderschöne kurvenreiche Strecken mit herrlichen Ausblicken, die zum Verweilen einluden. So kamen wir nur in mäßigem Tempo voran. Am Col de Grenouze auf 624 Metern zwang uns die wunderschöne Panoramasicht auf das Rhonetal ein weiteres Mal zum Halten. Währenddessen ich die warmen Sonnenstrahlen und die herrliche Aussicht genoss, klang mir das Surren von Richy Drohne im Ohr.
Wir hatten einfach die Ruhe weg und so hatten wir noch keine 150 Kilometer auf dem Tacho als sich der erste Hunger einstellte, leider zu falschen Zeit. Das mit dem Essen in Frankreich ist nämlich so eine Sache, das Problem besteht darin, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss. In einem kleinen Dorf kurz bevor wir die Ardèche erreichten, fanden wir dann aber doch eine „Restauration Rapide“, was so viel heißt wie „Schnellrestaurant“.
Ardèche (parc naturel régional des monts d’ardèche)
Gestärkt waren wir nun fest entschlossen endlich ein paar Kilometer zu machen. Dabei lag die Betonung auf ein paar, denn mehr machten wir bis zum nächsten Stopp auch nicht. Ein Aussichtpunkt mit drei riesigen Kreuzen und einem Panoramablick über die Ardèche hielt uns diesmal von unserem Vorhaben ab. Auf dem Parkplatz trafen wir ein nettes französisches Pärchen, die mit ihrer Tourenmaschine eine Tagestour unternommen hatten. Er sprach ein wenig Englisch, sie ein bisschen Deutsch, dazu kam mein rudimentäres Französisch und so entstand eine bunt gemischte Konversation ohne jegliche grammatikalische Regeln. Das sind die Momente, die ich ganz besonders beim Reisen liebe.
Von nun an, ging es aber endlich zügig vorwärts, wohl auch weil das Wetter langsam wechselte und der Himmel sich immer mehr zu zog. Auch wenn uns die Sonne verlassen hatte, präsentierte sich die Ardèche in ihren schönsten Farben und ließ uns erahnen wie der Indian Summer der Ardèche erst im Sonnenlicht erstrahlen würde.
Nebel auf dem Mont Gerbier de Jonc
Auf dem Mont Gerbier de Jonc strahlte dann allerdings gar nichts mehr, nicht mal die Rückscheinwerfer von Richys CVO. Ich habe noch nie bei einer Motorradtour so dichten Nebel gesehen. Man konnte die Hand vor Augen nicht mehr sehen und in sehr langsamen Tempo nahmen wir die Abfahrt in Angriff und dachten bei uns „Loud Pipes Safe Life“. Wenn man uns schon nicht sehen konnte, so konnte man uns zumindest hören und mit jedem Kilometer, mit dem wir an Höhe verloren ließ auch der Nebel wieder nach.
Chez Alex
Es war nun nicht mehr weit bis zu unserer heutigen Unterkunft, aber es kam wie es kommen musste, 10 Kilometer vor dieser, ergoss sich noch einmal der Himmel über uns und zwar so richtig. Patschnass erreichten wir die kleine Auberge von Alex. Er nahm uns freundlich in Empfang und bot uns direkt seine Garage, die eher einem Verschlag gleichkam, für unsere nassen Bikes an. Alex erzählte uns, dass er eigentlich Mallorquiner ist und seine Frau aus Australien stammt. Sie haben mit ihren beiden Kindern schon überall gelebt und jetzt eben in diesem kleinen unscheinbaren Dorf in der Ardèche.
In einem Urgemütlichen Zimmer machten wir uns für das Abendessen fertig und das war wieder einmal auf Sterneniveau. Weiterlesen ….